Thieles Tränen / Trainer verabschiedet sich mit der Vizemeisterschaft von den SF Aligse / Maren Thiele: „Mal schauen, wie lange er das aushält“

Titelfoto: „Die Augen schwitzen“ – Harald Thiele bewegen die Videobotschaften von vielen alten und aktuellen Weggefährten. Foto: Bork

Volleyball. Ein letztes Mal abklatschen mit den Spielern beim Einlaufen, die Männer der Sportfreunde Aligse ein letztes Mal einstimmen auf ein Heimspiel, ein letztes Mal in der Auszeit die richtigen Worte finden – ein letztes Mal für alles. Harald Thiele ist nach dem 3:1 (21:25, 25:21, 25:18, 25:15)-Sieg im Saisonfinale der 3. Liga West gegen den TVA Hürth II gebührend und tränenreich verabschiedet worden. Wie es sich für den Vater des Aligser Erfolgs in den vergangenen zwölf Jahren eben gehört. Dass es für eine weitere herausragende Saison un­ter dem Strich nur die Vizemeisterschaft gab, da die SVG Lüneburg II wie erwartet nicht gepatzt hat, war an diesem Abend genauso nebensächlich, wie es der Titel gewesen wäre.

Beim Stand von 23:11 im vierten Satz setzte sich der Mann, der gestern 57 Jahre alt geworden ist, das erste Mal hin – um zwei Ballwechsel später wieder aufzuspringen. Thiele stand bis zur letzten Sekunde seiner Amtszeit unter Strom, dabei war sein Abschiedsspiel zu diesem Zeitpunkt längst entschieden.

Die Gäste versuchten sich zweieinhalb Sätze lang als Partycrasher, während sie aber immer mehr nachließen, wachten die Gallier nach und nach auf. Bis zum 19:19 waren die Aligser nach dem Verlust des ersten Satzes auch im zweiten Abschnitt stets einem Rückstand hinterhergelaufen, in der heißen Phase gaben sie der Partie aber eine entscheidende Wende. Im dritten (10:16) und vierten (1:8) Abschnitt waren die Hürther früh gezwungen, jeweils ihre zweite Auszeit zu nehmen – am Spielverlauf änderte dies freilich nichts mehr.

Seine letzte Auszeit beim Stand von 24:15 hielt Thiele so, als wenn es seine erste überhaupt gewesen wäre – kurze Zeit später wurde es emotional und tränenreich. Den „Diver“ über den Hallenboden hatte Coach T stets seinen Spielern überlassen, diesmal kam er nicht drum herum. Von Kapitän Marten Ahlborn bekam er eine Collage mit allen Mannschaftsbildern der letzten zwölf Jahre – von Steffen Ahlborn eine Wasserdusche. Die ersten Tränen gab es bei einem Video mit Botschaften von vielen alten und aktuellen Weggefährten und auf der anschließenden Runde durch das Publikum. „Vor einem Jahr hat es sich nicht gut angefühlt, jetzt fühlt es sich richtig an“, sagte Thiele – völlig mit sich im Reinen.

Der letzte Kommentar gehörte an diesem Abend seiner Ehefrau. Die Entscheidung habe ihr Mann ganz allein getroffen, sagte Maren Thiele. „Ich habe das immer mitgetragen, und ich glaube, so viel wird sich ja auch gar nicht ändern. Ich bin froh, dass er unter der Woche mehr zu Hause ist, mal schauen, wie lange er das aushält.“

Kommentar:

Die letzte Verneigung vor Thiele

Man kann diesem Mann nur Respekt zollen. 583 Zuschauer und keiner ist nach dem letzten Spiel von Harald Thiele vorzeitig aus der Halle gegangen. Die Szenen nach dem Saisonfinale waren die letzte Verneigung vor einem Trainer, der großen Anteil daran hatte, dass die Sportfreunde Aligse ihre sportlichen Grenzen in seiner Amtszeit immer wieder aufs Neue nach oben korrigiert haben. Ohne ihn wäre diese Geschichte nicht geschrieben worden, und das ist in diesem besonderen Fall nicht zu hoch gegriffen. Ehrenamtliche Personen wie den 57-Jährigen gibt es nur noch wenige, umso schwerer wiegt sein Abgang. „Wer dabei war, trägt einen Schatz in seinem Herzen“, hat Thiele rückblickend immer wieder gesagt. Aufgrund solcher Aussagen werden die SFA ohne Coach T ein anderes Team sein.

Bericht und Kommentar aus Anzeiger für Lehrte & Sehnde vom 27.03.2018, beides geschrieben von Christoph Hage

 

 

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