Aligse. Harald Thiele ist der Vater des Erfolgs der Sportfreunde Aligse – das ist beileibe nicht zu hoch gegriffen. Der Trainer, der am Montag 57 Jahre alt wird, hat die Gallier in die 2. Liga geführt, mit ihm haben sie das Ende der Fahnenstange immer ein wenig nach oben verlängert. Am Sonnabend (19 Uhr), mit dem finalen Saisonspiel in der 3. Liga West gegen den TVA Hürth II, ist nach zwölf Jahren Schluss.
Welche Spiele sind Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben – in positiver wie in negativer Hinsicht?
In positiver Hinsicht natürlich viele Siege, wobei gewiss die emotionalen, mit viel Teamspirit geprägten Spiele die tiefsten Spuren hinterlassen haben. So etwa das Heimspiel in der ersten Saison in der 2. Liga gegen den SV Lindow im März 2014, das wir trotz hohen Rückstanden in den ersten beiden Sätzen noch mit 3:2 gewonnen haben. Die Halle hat gebrannt, es herrschte eine unglaubliche Atmosphäre, die beide Teams zu Höchstleistungen anstachelte. Negative Spiele verdränge ich letztlich, wobei die Niederlage in diesem Jahr beim MTV 48 Hildesheim schon sehr geschmerzt hat. Ein anderes Spiel blieb am Ende mit einer nicht ganz so negativen Erinnerung haften. Der Jahrhundert-Fünf-Satz-Krimi gegen den TuB Bocholt bei unserem ersten Heimspiel in der 2. Liga, den wir am Ende in der Verlängerung mit 33:35 verloren haben.
Welcher Ihrer sechs Aufstiege war der schönste?
Der erste war von der Oberliga zur Regionalliga an meinem 50. Geburtstag im Auswärtsspiel bei der GfL Hannover mit vielen Aligser Fans und dem dort zum ersten Mal hochgehaltenen Ortsschild, das seitdem bei keinem unserer Spiele gefehlt hat und welches nun auch bei den Frauen immer dabei ist. Dann das zum Aufstieg in die 2. Liga führende Spiel in der zweiten Saison in der 3. Liga beim TV Hörde, wo mir Mitte des dritten Satzes bei unserer 2:0-Satzführung bewusst wurde, dass unser unglaublicher und nie zuvor erwartete Traum immer realistischer wird. Meine Augen schwitzten, wobei ich mir dann doch wieder sagte, jetzt zählt nur der nächste Punkt, nur der nächste Punkt. Am Ende haben wir 3:0 gewonnen.
Welchen Spieler würden Sie jederzeit wieder trainieren?
Michael Wiechmann, der beim Training immer gut drauf war und mit seiner lockeren, optimistischen Art alle anderen häufig ansteckt und eine Super-Atmosphäre schafft. Dazu war Michi einer der Hauptantreiber im Hinblick auf die Managementaufgaben. Dazu natürlich sein Partner Marten Ahlborn, der als Spieler immer alles gibt und wie Michi ein weiterer wichtiger Manager und mit der Hauptverantwortliche war für unsere Erfolge
Sie werden den SFA erhalten bleiben. Wie wird Ihr Aufgabenfeld aussehen?
Ich werde meinen SFA natürlich erhalten bleiben, als Teammanager der ersten Frauen sowie als Organisationsunterstützer für die Männer. Da meine Tochter bei den Frauen spielt, ist es naturgemäß für einen Vater selbstverständlich, sie und ihr Team intensiv zu unterstützen. Ein bekanntes Sprichwort sagt ja auch: „Blut ist dicker als Wasser“ – und das ist auch gut so.
Was werden Sie vermissen?
Vermissen werde ich das Gefühl am Ende eines Sieges oder auch das Erleben eines Spielzuges, der mit einer Kombination erfolgreich abgeschlossen wird, weil das die Art des Volleyballspielens ist, die ich selber am liebsten gespielt habe und die ich dann in meinem Team gerne wiedersehe. Die Rückfahrten von Auswärtsspielen: Draußen ist es dunkel, die Musik ist an, es wird mitgesungen, die Lichterketten leuchten, die Stimmung ist gut, es wird gelacht und das Getränk schmeckt.
Was werden Sie nicht vermissen?
Die Niederlagen und den Sonntag danach. Das Nicht-selbst-Sehen von Aufgaben neben den sportlichen Aktivitäten, die immer bei einer Teamsportart zu erledigen sind. Nichtbeantworten von mir versendeter Whatsapp- oder E-Mail-Bitten beziehungsweise Nachfragen mit Bitte um Antwort.
Worauf freuen Sie sich in Ihrer neu hinzugewonnenen Freizeit?
Ich freue mich auf die mehr für die Familie und für mich zur Verfügung stehende Zeit. Die Zeit zum Beispiel, mal wieder gemeinsame Dinge zu unternehmen und auch wieder mehr Abende zu Hause zu sein.
Können Sie für sich ausschließen, nie wieder an der Seitenlinie zu stehen?
Nein, ausschließen möchte ich das nicht. Und ich kann mir vorstellen zurückzukehren, jedoch brauche ich, denke ich, erst einmal ein, zwei Jahre Pause. Gern auch mit anderen Herausforderungen, mit Jugendlichen oder Frauen. Bei den Frauen wäre es für mich die größte Herausforderung auch hier das Kombinationsspiel zu trainieren und spielen zu lassen. Das muss gehen, und ich würde gern etwas anderes spielen lassen als das, was in den sogenannten Lehrbüchern steht.
Sie haben Ihre Ansprache immer anhand von Bildern aufgezogen – haben Sie schon eins für Ihr letztes Spiel?
Nein, denn meistens fallen mir die Bilder erst am Spieltag ein. Inspirieren lasse ich mich häufig von etwas irgendwo Gesehenem; in der Zeitung, im Fernsehen oder sonst wo.
Gehören Taschentücher heute zu Ihrer Standardausrüstung?
Eigentlich nicht. Jedoch befürchte ich, dass meine Augen doch ein wenig mehr schwitzen werden, denn eigentlich bin ich ja ein harmoniebedürftiger und -suchender Typ, trotz meiner „kräftigen“ Statur und meiner zum Teil direkten Worte in manchen Diskussionen.
Wie groß ist die Chance, dass Sie sich heute mit der siebten Meisterschaft verabschieden können?
Die ist sehr gering. Dazu müsste die Lüneburger Reserve gegen 1860 Bremen verlieren, und gegen die haben wir bei unserem 3:0-Sieg gerade unsere entspannteste Auswärtsfahrt der vergangenen vier Jahre erlebt.
Was möchtest Sie den eigenen Fans noch sagen?
Danke. Vielen, vielen Dank für den intensiven, bedingungslosen und herzlichen Super-Support während all der Jahre in Regionalliga, 3. und 2. Liga. Nirgendwoanders habe ich Derartiges erlebt wie in unserem Aligser Wohnzimmer, der Sporthalle an der Schlesischen Straße in Lehrte. Ohne unsere Fans wäre das alles nicht so möglich gewesen. Wer nicht dabei war, hat etwas verpasst. Wer dabei war, trägt einen Riesenschatz in seinem Herzen.